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Forschen trotz und wegen Corona

Es ist kein einfacher Spagat, den Forscherinnen und Forscher derzeit zu bewerkstelligen haben: Die Corona-Pandemie lässt sich nur durch Herunterfahren von persönlichen Kontakten eindämmen – das gilt auch im Arbeitsalltag. Andererseits sind einige Forschungsaktivitäten gerade jetzt wichtig, um Ärzte, Pflegerinnen und Behörden in ihrer Arbeit zu unterstützen. An der Fraunhofer EMFT stellt sich diese Herausforderung etwa bei der Entwicklung von Thermopile-Sensoren der Heimann GmbH. Wichtige Prozessschritte laufen im Reinraum des Münchner Instituts ab.

© Fraunhofer EMFT / Bernd Müller
Fraunhofer EMFT-Forscher im Reinraum.

Sensortechnologien sind zugegebenermaßen nicht das erste Forschungsgebiet, das einem im Kontext zur Infektionsbekämpfung einfällt. Doch die kleinen elektronischen Helfer stecken auch in medizinischen Geräten, die gerade jetzt dringend benötigt werden, etwa Beatmungsgeräte.

Deshalb ist auch der Reinraum der Fraunhofer EMFT nicht verwaist – wenngleich die ohnehin hohen Hygiene- und Sicherheitsstandards nochmals verschärft wurden. Dr. Lars Nebrich unterstützt dort mit seinem Team die Heimann Sensor GmbH, eine langjährige Kundin, bei der Entwicklung und Optimierung so genannter Thermopile Infrarot Detektoren. „Diese High-Tech-Sensoren kommen etwa als berührungslose IR Fieberthermometer zum Einsatz: Selbst auf einen Abstand von 0,5 bis 2 m (je nach Sensortyp) können sie die Körpertemperatur von Personen zuverlässig bestimmen. Die kontaktlose Temperaturmessung lässt sich beispielsweise beim Zugang zu Gebäuden nutzen: Detektiert der Sensor bei einer Person eine erhöhte Körpertemperatur, reagiert das System mit einem optischen und akustischen Signal. In manuellen Fieberthermometern ermöglichen die Sensoren eine zuverlässige Fieberkontrolle, ohne dass das medizinische Personal mit Patienten in Berührung kommt.

Fast noch relevanter ist aber in der aktuellen Situation, dass man die Einzelsensoren auch für Beatmungsgeräte benötigt“, erklärt der Forscher. In Beatmungsgeräten werden die Thermopile Sensoren in optischen CO2-Sensoren zur Kontrolle der Ausatemluft eingesetzt.

Heimann ist ein weltweit führender Hersteller dieser Thermopile Infrarot Detektoren, entsprechend hoch ist derzeit die Nachfrage. „Würde der Nachschub der Detektoren ins Stocken geraten, würde in den derzeitigen Krisengebieten noch mehr dringend benötigte medizinische Ausrüstung fehlen“, so Nebrich. Die Kooperationspartner haben deshalb übereinstimmend entschieden, die Arbeit im Reinraum weiterlaufen zu lassen. Wie „business as usual“ fühlt es sich für das Team derzeit trotzdem nicht an. „Der Gesundheitsschutz unserer Kolleginnen und Kollegen hat oberste Priorität, das steht außer Frage“, betont Nebrich. Basierend auf den Anweisungen der Bayerischen Staatsregierung und dem Fraunhofer-Krisenmanagement arbeitet derzeit nur ein stark reduziertes Kernteam im Reinraum, sodass die Abstandsregel jederzeit eingehalten werden kann. Abgesehen davon ist die Arbeit im Reinraum auch in „normalen“ Zeiten von höchsten Sauberkeitsanforderungen geprägt: die Forscherinnen und Forscher dort arbeiten grundsätzlich mit spezieller Reinraumkleidung und die Luft ist dank der spezifischen Luftaufbereitung mit Feinstfiltertechnik üblicherweise schon keimarm – ähnlich wie in einem Operationssaal.

Die Entwicklung der Thermopile-Sensoren ist ein aufwändiger Prozess, der nicht nur spezifische Reinraum-Infrastruktur, sondern auch umfangreiches Know-How und Routine beim Aufbau und der Bearbeitung so genannter MEMS (mikro-elektro-mechanische Systeme) erfordert. Um die Herstellungstechnologie zu optimieren, arbeiten die Fraunhofer EMFT Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem gemeinsam mit der Heimann Sensor GmbH an der nächsten Generation hochauflösender Infrarotsensoren. Damit könnte die die räumliche und thermische Auflösung solcher Sensoren bei kostengünstiger Fertigung weiter gesteigert werden.

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