Als Backup verfügt das Gerät zudem über weitere Sicherheitsfunktionen wie z. B. einen Free-Flow-Stopp, der im Fehlerfall eine Überdosierung von Insulin verhindert und weiterhin eine Selbsterkennungsfunktion zur Erkennung interner Störungen, die durch künstliche Intelligenz unterstützt wird. Das Fraunhofer EMFT übernimmt dabei unter der Projektleitung von Dr. Sebastian Kibler die Entwicklung der Mikropumpe, des Sicherheitsventils, der Selbsterkennungsfunktion und der Systemintegration des Dosiermoduls. Mikropumpe und Sicherheitsventil werden dabei in Silizium durch mikromechanische Prozesse realisiert, der Mikropumpen-chip und das Sicherheitsventil haben ein ultrakompaktes Bauvolumen von insgesamt nur 7x7x2 Kubikmillimetern.
Die Mikropumpe und das Sicherheitsventil müssen dabei extrem herausfordernde Anforderungen erfüllen: bei einem winzigen Hubvolumen von nur 0,1 Kubikmillimetern darf die Mikropumpe bei auftretenden Gegendrücken nicht mehr als 5% Hubvolumen verlieren, zudem muss die Saugfähigkeit so groß sein, dass die Mikropumpe bei einem Unterdruck von 350 mbar noch eine Gasblase pumpen kann. An diesen Anforderungen sind bislang weltweit alle Mikropumpen gescheitert. Dem Fraunhofer EMFT ist es mit seiner mehr als 30jährigen Erfahrung gelungen, diese Komponente zu entwickeln. Die dazu nötige Pumpentechnologie wurde patentiert ist für den Markt verfügbar.
In Hinblick auf die erlaubten Leckraten wird die Mikroventiltechnologie neue Maßstäbe setzen: Angestrebt wird eine Leckrate, die bei jeglichen auftretenden Drücken nicht höher sein soll als ein 1/10 Kubikmillimeter pro Stunde. Schließlich muss die Mikropumpe auch so schonend angesteuert werden, dass das Insulinmolekül in der Pumpkammer nicht geschädigt wird und sich dadurch Ablagerungen in der Mikropumpe ergeben.
Die Selbsterkennungsfunktion ist eine disruptive Innovation, mit der Dosierstörungen, etwa das Auftreten von Gasblasen, erkannt und kompensiert werden können. Dazu wird der so genannte Piezoeffektes ausgenutzt, der sowohl als Aktor als auch als Sensor verwendet werden kann. Durch das genause Messen des (ohnehin notwendigen) Ansteuerstroms erhält man für jeden Pumphub einen zeitaufgelösten „Fingerabdruck“ der Vorgänge in der Pumpkammer. Diese zeitaufgelösten Daten werden mit Hilfe künstlicher Intelligenz in einem Trainingsmessplatz trainiert und das Trainingsergebnis anschließend auf einen einfachen Mikrokontroller überspielt.
Dank dieser hocheffizienten und innovativen MEMS-Pumpentechnologie hält das Team eine Batterielebensdauer von 10 Jahren für realisierbar. Hinsichtlich des Insulin-Nachfüllintervalls gehen die Projektpartner aktuell von etwa 3 Monaten aus und wollen mit Hilfe weiterführender Tests ausloten, ob sich dieser Zeitraum auf bis zu ein Jahr verlängern lassen könnte.
Das Vorhaben wird im Rahmen des Pathfinder-Programms des Europäischen Innovationsrates (EIC) gefördert (HORIZON-EIC-2022-PATHFINDERCHALLENGES-01-04, proposal number 101115233).