UNLOOC: Ohne Tierversuche in der Arzneimittelforschung

Innovative Pumpentechnologie für Organ-on-a-Chip-Anwendungen

Tierversuche in der Arzneimittelfroschung stehen seit Jahrzehnten in der Kritik – sowohl aus ethischen als auch aus wissenschaftlichen Gründen. Mit dem EU-Projekt UNLOOC (Unlocking the Data Content of Organ-on-Chips) wird ein entscheidender Schritt in Richtung Arzneimittelforschung ohne Tierversuche unternommen. Durch die Kombination modernster Technologien – von Mikrofluidik bis hin zu Künstlicher Intelligenz – wird eine nachhaltige und ethische Zukunft für die Medizin geschaffen. Das Fraunhofer EMFT-Forschendenteam unterstützt die Entwicklung der Organ-on-Chip-Multiwellplatten, die eine präzise Steuerung der Zellkulturbedingungen bieten und tierversuchsfreie Arzneimitteltests ermöglichen.

Mikromembranpumpe für Arzneimittelforschung ohne Tierversuche
© Fraunhofer EMFT | Bernd Müller
Elektrostatisch angetriebene Mikromembranpumpe in einem Testgehäuse. Diese neue Antriebstechnologie für den Flüssigkeitstransport soll in Zukunft eine bleifreie Alternative zur piezoelektrischen Pumpe darstellen.

UNLOOC Projekt

Das dreijährige EU-Projekt UNLOOC vereint 51 Organisationen aus Wissenschaft, Forschung und Technologie aus 10 europäischen Ländern und wird von der Chips Joint Undertaking sowie nationalen Agenturen finanziert. Ziel dieses Projekts ist es, innovative Organ-on-a-Chip (OOC)-Technologien zu entwickeln, die effektivere Behandlungen ohne Tierversuche ermöglichen und sowohl kontrollierte Arzneimitteltests als auch die Modellierung von Krankheits-Pathophysiologien unterstützen.

Was ist OOC?

OOC ist eine schnell fortschreitende Technologie, die die physiologischen Eigenschaften menschlicher Organe auf mikrostrukturierten Plattformen nachbildet. OOC-Systeme bestehen aus mikrofluidischen Kanälen mit lebenden Zellen, die die Strukturen und Funktionen spezifischer Organe nachahmen. Durch die Nachahmung des Mikroenvironments von Organen stellen OOCs ein effektives Werkzeug für die Arzneimittelentwicklung, Krankheitsmodellierung und personalisierte Medizin dar. 

Innovative Pumpentechnologie für die Single-Organ Multi Well Plate

Im UNLOOC EU-Projekt ist das Forschendenteam des Fraunhofer EMFT an der Entwicklung verschiedener Organ-on-Chip Lösungen beteiligt. Dazu gehören insbesondere OOC-Multiwellplatten. Diese kombinieren mehrere OOC-Systeme auf einer standard Mikrotiterplatte. So können parallel mehrere Experimente durchgeführt werden und das System ist mit allen gängigen Prozessen der Pharmaforschung kompatibel. Dieser Schritt ermöglicht also erstmals die Verwendung von OOC-Systemen in (teilweise) automatisierten Forschungs- und Entwicklungsprozessen.  

Die neu entwickelte Pumpe des Fraunhofer EMFT wird das Zellkulturmedium durch die Organ-on-a-Chip-Komponenten auf der Organ-on-Chip-Multi Well Plate fördern. Dies ermöglicht erstmals eine On-Plate-Perfusion im Mikrotiterplattenformat ohne externe Pumpen oder Schlauchverbindungen.

Für die erste Implementierung wird eine piezoelektrische Pumpe verwendet. Im Zuge der Weiterentwicklung der Pumpentechnologie ist es von entscheidender Bedeutung, ihre Leistung unter verschiedenen Umgebungsbedingungen genau zu prüfen. Dabei sind Faktoren wie die Temperatur und die kontinuierliche Beförderung von Zellkulturmedium über mehrere Tage oder Wochen ohne Leistungsverlust entscheidend. Diese Analysen gewährleisten, dass unsere Pumpentechnologie die Anforderungen der Zellkultur und Arzneimittelentwicklung erfüllt.  Zudem soll im Projekt untersucht werden, ob die Anforderungen der Organ-on-Chip Systeme an die Pumpe auch mit einer neuartigen, elektrostatischen Pumpe erfüllbar sind. Dieser neue Pumpenantrieb hat im Vergleich zur piezoelektrischen Mikropumpe den großen Vorteil rein aus Silizium gefertigt zu sein. Der piezoelektrische Aktor, der mangels Alternativen derzeit aus bleihaltigem Material besteht, entfällt. Das ist eine entscheidende Verbesserung, da die Pumpe im Versuch in direktem Kontakt mit dem Kulturmedium ist und nicht wiederverwendet werden kann. Mit dieser Entwicklung leisten wir  einen wertvollen Beitrag zur tierversuchsfreien Forschung. Die im Projekt entwickelten und validierten Anwendungen werden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Forschung und in der Pharmaindustrie genutzt, um die Arzneimittelentwicklung zu verbessern und neue Erkenntnisse über Krankheiten zu gewinnen. Angesichts des wachsenden OOC-Marktes (Organ-on-a-Chip) haben diese Lösungen erheblichen wirtschaftlichen Wert und positionieren Europa an der Spitze dieses aufstrebenden Forschungsfeldes.

UNLOOC eröffnet vielseitige Anwendungsmöglichkeiten:

  • Entwicklung nahezu marktreifer Organ-on-Chip-Lösungen.
  • Künstliches Epithel zur Untersuchung von Hautpenetration, Arzneimittelabgabe und Toxizität.
  • Bereitstellung einer skalierbaren Plattform für die Erforschung der Blut-Hirn-Schranke.
  • Entwicklung einer Lunge-auf-einem-Chip-Plattform für die Sicherheitsbewertung neuer Medikamente.
SOMP for epithelium-on-chip
© unlooc.eu
Standardisierte Single-Organ-Multi-Well Platten in Halterung
Multi-organ multi-well plate
© unlooc.eu
Entwicklung einer Multi-Organ-Multi-Well Platte
Skin-on-Chip
© unlooc.eu
Mikrofluidische Halterung und Organ-on-Chip Systeme zur parallelen Arbeit an mehreren Chips.

This project is supported by the Chips Joint Undertaking (Grant Agreement No. 101140192) and its members including the top-up funding of Belgium, Germany, Hungary, Ireland, Italy, the Netherlands, Portugal, Romania and Spain. This work has received funding from the Swiss State Secretariat for Education, Research and Innovation (SERI).

CHIPS logo_RGB
© unlooc.eu
Co-funded by the European Union Logo

Erfahren Sie mehr über das UNLOOC-Projekt auf www.unlooc.eu und bleiben Sie über die neuesten Entwicklungen auf LinkedIn informiert!

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